Belletristik

Rezension: Findelmädchen

Findelmädchen: Aufbruch ins Glück

von Lilly Bernstein 

Ullstein Verlag

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Das Wirtschaftswunder und die Nachwehen des Krieges: Eine junge Frau erkämpft sich ihren Weg

Köln 1955:

Die 15 jährige Helga und ihr älterer Bruder Jürgen können ihr Glück kaum fassen. Ihr Vater ist nach 10 Jahren Gefangenschaft in Russland zurückgekehrt und hat mit Hilfe des Roten Kreuz seine Kinder gesucht. Helga und Jürgen wurden von einem französischen Paar aufgegriffen und mit auf ein Weingut genommen, wo die beiden wohlbehütet aufwuchsen und nach und nach die Schrecken des Krieges vergessen konnten. Die Information, das ihr Vater wieder aufgetaucht ist, ist das schönste Geschenk für die beiden. Zurück in Köln in den Armen des Vaters, beginnt ein neuer Lebensabschnitt für die Geschwister. Während Jürgen bei den Ford Werken eine Arbeit findet, träumt Helga davon auf das Gymnasium zu gehen, doch ihr Vater hat andere Pläne mit der 15 jährigen. Helga soll eine Haushaltungsschule besuchen um auf das Leben als Ehefrau vorbereitet zu werden. Während eines Praktikums in einem Waisenhaus, muss sie mit ansehen wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Ein Kind hat es ihr dabei besonders angetan. Mutig stellt sich Helga vor das “ Besatzerkind “ um es zu schützen. Auch die Liebe findet Helga, doch die Schatten des Krieges bedrohen alles, was sie sich vom Leben erhofft hat….

Mit Findelmädchen ist Lilly Bernstein wieder ein großartiger Roman gelungen, der den Leser durch jede Menge tiefgehende Emotionen hindurch führt.

Der Schreibstil ist eindringlich, Bild und Wortgewaltig, dabei sehr emotional und dennoch leicht und flüssig. Eine gelungene Kombination aus extrem guter Recherche wahrer Begebenheiten und spannender Fiktion. Lilly Bernstein gelingt es, den Leser eintauchen zu lassen in das Jahr 1955 in Köln, man fühlt sich als Teil der Geschichte dabei.

Die Geschwister Helga und Jürgen sind wundervoll gezeichnet, ihr Schicksal, fast 10 Jahre ohne Eltern in einem fremden Land zu Leben, dabei diversen Anfeindungen ausgesetzt zu sein, hat mich unglaublich tief berührt. Auch die Rückkehr zum Vater, der nach langer Kriegsgefangenschaft endlich seine Familie wieder in die Arme schließen darf, war so ein extrem emotionaler Moment, der auch ein paar Tränchen gelöst hat.

Zwischendurch brauchte ich tatsächlich eine Pause um mich sammeln zu können. Die Beschreibungen über die Geschehnisse im Waisenhaus, haben ziemlich an meinen Nerven gekratzt. Bildlich konnte ich die Kinder vor mir sehen, spüren was ihren kleinen Köpfen vorgegangen sein muss. In jeder Zeile war der Hass und die Vorurteile gegenüber der sogenannten “ Besatzerkinder “ deutlich spürbar.

Aber auch das Wirtschafswunder wurde sehr gut auf mich übertragen. Ich konnte regelrecht spüren welch einem Wandel sich die Zeit unterzog. Petticoats, Rockmusik, einfach wieder Leben.

Zwischendurch finden sich immer wieder Tagebucheinträge von Elisa, der Mutter von Helga und Jürgen. Dadurch erfährt man nach und nach was sich tatsächlich in den Wochen nach Kriegsende abgespielt hat.

Fazit:

Ein hochemotionaler Roman, der mich persönlich durch jede Menge Gefühlsstadien hat gehen lassen. Von Fröhlich bis hin zu unendlicher Traurigkeit und Tränen war alles dabei.

Vielen Dank an Literaturtest und den Ullstein Verlag

Produktinformation

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Taschenbuch; 2. Edition (28. Juli 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 592 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3548065686
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548065687

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